Wolfgang Wächter Bücher erhalten, pflegen und restaurieren



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Das DEZ-Verfahren







Abb. 33 Wiener Vakuumkammer zum Tränken der Zeitungsbände




Abb. 84 Blick ins Innere der Vakuurnkaramer

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Die Massenentsäuerung







Abb. 85 Die Gefriertrocknungsaflage mit Temperarurhühlern




Abb. 86 Gefrieranlage zum Einfrieren der getränkten Objekte

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Das DEZ-Verfahren

der Behandlung. Eine weitere Verbesserung des Durchdringungsvermögens der Tränklösung läßt sich durch Einsatz von Festigungsmitteln mit sehr ge­ringer Viskosität erzielen, etwa durch Lösungen von MC 40. Obwohl der Festigungseffekt von MC 40 bei Papier gegenüber höherviskosen Produk­ten, wie z. B. MC 400, geringer isr, werden die Papierfasern gleichmäßiger umhüllt, und es wird entsprechend den bisherigen Erfahrungen und Mes­sungen eine ausreichende Konsolidierung des behandelten Papiers erreicht. Die Notwendigkeit der Entfernung und Wiederanbringung der Einbände stehen naturgemäß einer Massenbehandlung entgegen.

Die Methode der British Library London

Die Bibliothek hat die Forschung nach einem möglichen Alternativ-verfah­ren für die Behandlung von Papier in Auftrag gegeben, das den Verfall ver­zögern und das Papier stärken soll, so daß es in Zukunft weiter benutzt werden kann. Dies soll durch die Anlagerung eines Polymers im Substrat erreicht werden, wodurch die einzelnen Papierfasern gestärkt und ge­schützt sind. Die bisherigen Laborergebnisse zeigen, daß die Behandlung folgende Schritte beinhalten muß:



  • die zu behandelnden Bücher müssen in einen passenden Behälter gege­
    ben werden,

  • in den Behälter wird Stickstoff eingeleitet, um Luft und freien Sauerstoff
    zu verdrängen,

  • eine Monomerverbindung wird in den Behälter gebracht, wobei die
    Menge dem Gewicht der Bücher entsprechend bemessen wird,

  • der Aufbau muß mehrere Stunden lang ruhen, so daß die Monomerver­
    bindung diffundieren kann und gleichmäßig im Papier verteilt ist,

  • der Behälter und die Bücher werden dann einer Gammastrahlenquelle
    geringer Intensität ausgesetzt, bis die angemessene Strahlendosis erreicht
    ist. Dadurch werden die Monomere in Polymere umgewandelt und
    gleichzeitig chemisch an das Papier oder Substrat angelagert, um eine
    Papier-Polymer-Verbindung zu bilden,

  • die Rückstände an Monomeren müssen durch eine Reinigung mit Luft
    aus dem Behälter entfernt werden, um eine Gefährdung des Bedienungs­
    personals zu vermeiden,

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Die Massenentsauerung

- die Bücher werden dann aus dem Behälter entnommen und einige Tage in einer gut belüfteten Umgebung aufbewahrt, um sicherzugehen, daß alle Spuren von Monomeren verschwunden sind, bevor die Bücher zum Sortieren und Wiedereinordnen zurückgegeben werden.

Es wurde weiterhin die Möglichkeit festgestellt, ein basisches Co-Mono-mer (ein aminsubstituiertes Methacrylat wie z.B. Dimerhylaminoethyl-methacrylat) einzubeziehen, um jegliche Säuren im Papier zu neutralisie­ren, damit die Widerstandsfähigkeit gegenüber späterem Säurebefall zu erhöhen und so Neutralisation und Verstärkung in einem Verfahrensschritt zu vereinen. Das basische Co-Monomer ist einfach zu polymerisieren, und es sind nur geringe Mengen nötig, um die Neutralisation zu bewirken. Pro­ben, die mit der üblichen Polymerverbindung und darin enthaltenen gerin­gen Mengen polymerisierbarer Amine behandelt worden sind, zeigten spürbare Verbesserungen der Stärke des Papiers und seiner Neutralität über einen gewissen Zeitraum hinweg. Vor kurzem wurde herausgefunden, daß mehrfach ungesättigte Co-Monomere, die der Monomerverbindung hinzugefügt werden, sogar noch größere Verbesserungen der Faltbestän­digkeit, das 3-5fache der ursprünglichen Polymerverbindung, bewirken können, was eine erhöhte Lebenserwartung zur Folge hat.

Die Art und Weise der Aufnahme der Monomere in die makromoleku­lare Struktur ist abhängig vom Typ des Papiers und seinem Alten

Hadernpapier reagiert schneller als holzschliffhaltiges Material. Neues Papier reagiert schneller als gealtertes Papier. Die die Fasern umhüllenden Polymere erhöhen die Festigkeit der geschwächten Fasern und füllen auch die Räume zwischen ihnen aus. Die Steigerung der Papierfestigkeit auf das Fünf- bis l0 fache erfordert bei neuen Papieren den Eintrag von 10-15% Polymeren. Gealterte Papiere reagieren sehr uneinheitlich.

Eine Pilotanlage befindet sich in der Planungsphase. Die Anlagen- und Behandlungskosten werden weitgehend von den Kosten der Bestrahlungs­einheit beeinflußt.

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Das DEZ-Verfahren

Die Hochdruckextraktion saurer Papiere mit überkritischem Kohlendioxid

Allen bekannten Entsäuerungsverfahren zur Massenbehandlung liegt der Gedanke zugrunde, durch Tränkung mit einem Neutralisierungsmittel die Säure zu neutralisieren und damit die papierschädigende Wirkung aufzu­heben. Naturgemäß müssen durch diese Maßnahme zusätzliche Stoffe in das Papier eingebracht werden, die zwar - durch beschleunigte künstliche Alterung nachweisbar - eine Schutzfunktion im Papier ausüben, aber den­noch bei Bibliothekaren und Archivaren Unbehagen auslösen. Eleganter wäre ein Verfahren, das es gestartet. Säure und säurebildende Stoffe aus dem Papier zu entfernen statt zu neutralisieren. Die Alkalimengen, die anschließend zur Schaffung eines alkalischen Puffers in das Papier einge­bracht werden, könnten dann sehr viel kleiner sein.

Erwärmt man in einem abgeschlossenen Volumen, das zum Teil mit ei­ner Flüssigkeit gefüllt ist, die Flüssigkeit, so wandern mit steigender Tem­peratur immer mehr Flüssigkeitsmoleküle in den Raum über der Flüssig­keit, die Dichte des Dampfes nimmt zu, während die Dichte der Flüssigkeit sinkt. Bei weiterem Erhitzen wird schließlich ein Punkt erreicht, an dem die Dichten von Flüssigkeit und Dampf gleich sind, so daß zwischen Flüs­sigkeit und Dampf kein Unterschied mehr besteht und die Phasengrenze verschwindet.

Dieser Vorgang läuft jedoch nur oberhalb bestimmter kritischer Werte der Zusrandsgrößen Druck und Temperatur ab. Man bezeichnet diese Temperatur als die kritische Temperatur, den zugehörigen Druck als den kritischen Druck und die zugehörige Dichte als kritische Dichte. Stoffe im Gebiet jenseits der durch die kritischen Daten gegebenen Grenzen befinden sich im überkritischen Zustand. Die Lösung vieler Stoffe in komprimierten Gasen, insbesondere in überkritischen Gasen, ist seit langem bekannt und findet seit etwa 30 Jahren im großtechnischen Maßstab Anwendung.

Die wesentlichen Vorteile gegenüber konventionellen FLüssigextraktio-nen bestehen in der sehr schonenden Extraktion und der Lösemittelfreiheit des Extraktes. Dem stehen die Nachteile sehr aufwendiger Hochdruckap-paraturen gegenüber. Überwiegend angewendetes Extraktionsmittel ist Kohlendioxid, zum einen aus Kostengründen, zum anderen, weil schon bei Temperaturen wenig über - 30° C der kritische Zustand eintritt und durch die niedrigen Temperaturen eine sehr schonende Extraktion möglich ist.

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Die Massenentsäuerung



Niedrige Extraktionstemperaturen sind auch für die vorgesehene Extrak­tion von Büchern wichtig, da die maximale Behandlungstemperatur im Hinblick auf die Temperaturempfindlichkeit von Klebern auf etwa 50° C begrenzt werden sollte.

Bei jeder Extraktion von Feststoffen spielt neben dem Lösevermögen des Extraktionsmittels auch dessen Viskosität eine große Rolle, da hiervon das Diffusionsvermögen in die Poren des Feststoffs bestimmt wird. Durch die gasähnlich niedrigen Viskositäten haben überkritische Gase bessere Trans­porteigenschaften als Flüssigkeiten, deren Viskositäten das mehr als Hun­dertfache gegenüber Gasen betragen.

Das Lösevermögen des verwendeten Gases hängt neben dessen chemi­schen Eigenschaften in hohem Masse vom Extraktionsdruck ab und kann durch Zusatz von Additiven (Schleppmitteln) beeinflußt werden. Im allge­meinen ist davon auszugehen, daß unpolare Extraktionsgase geeignet sind, unpolare Stoffe zu lösen und zu extrahieren. Durch Variation der Para­meter Druck, Temperatur, Gasdichte und Schleppmittelzusatz kann das Extraktionsverhalten in hohem Maße beeinflußt werden, so daß eine se­lektive Extraktion bestimmter Stoffe möglich ist. Das apparative Schema der Extraktion mit überkritischem Gas besteht in einer vereinfachten Dar­stellung aus zwei mittels Rohrleitungen miteinander verbundenen Hoch­druckgefäßen, durch die mit einer Verdichter pumpe das Gas im Kreislauf geführt wird. Das auf Extraktionsdruck verdichtete Gas strömt zunächst durch den Extraktor und wird mit dem zu extrahierenden Stoff beladen, der sich nach der Entspannung im Abschneider niederschlägt. Die Be­triebsdrücke können Werte bis über 1000 bar annehmen: Naturgemäß erfordern die hohen Drücke entsprechend dimensionierte Anlagen mit um­fangreichen Regeleinrichtungen für Druck und Temperatur. Überwiegendes Anwendungsgebiet ist die Extraktion organischer Stoffe und hier wie­derum die Extraktion von Naturstoffen wie Aromastoffen, ätherischen Ölen und pharmazeutischen Wirkstoffen. Die vom Durchsatz her größten Anlagen mit einem Jahresdurchsatz von mehr als 10 000 Tonnen dienen zur Kofteinextrakrion aus grünen Kaffeebohnen. Als schlecht extrahierbar gelten polare Stoffe, wie Zucker, Glykoside, Aminosäuren, Lecithin usw.

Über die Extraktion von anorganischen Stoffen, wie Sulfate und Schwe­felsäure, war dem vorliegenden Schrifttum nichts zu entnehmen. Auch eine von der Firma Buse Gase GmbH, Krefeld, durchgeführte EDV-Recherche in speziellen Datenbanken brachte keine Erkenntnisse hierzu. Die Extrakti-

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Das DEZ-Verfahren

onsversuche wurden durchgeführt bei der Firma Buse Gase GmbH, Kre-feld (früher Messer Griesheim) und knüpften an vorangegangene orientie­rende Versuche des ,Zentrums für Bucherhaltung' an. Bei diesen Versuchen mir Drücken zwischen 200 und 350 bar und Temperaturen zwischen 50 und 60° C wurden Extraktmengen bis zu 2% des Buchgewichts erhalten. Es lagen dabei zwei Extraktphasen vor: gelbbraune, fettige Substanzen und wäßrige Phasen mit einem pH-Werr von ca. 2,5. IR-Spektrea der Festsub­stanzen deuteten auf eine ganze Palette polymerer Verbindungen hin, ohne dass jedoch eine eindeutige Identifikation möglich war. Als Versuchsmate-rial für die Versuche bei der Firma Buse Gase dienten Taschenbücher (Exil in der Tschechoslowakei, in Großbritannien, Skandinavien und in Palä­stina, Verlag Philipp Reclam jun., Leipzig 1980. holzhaltig), deren Papier einen pH-Wert von 4,4 und einen Säuregehalt nach ZM IV 58/80 von 2,205mg/kg hatte.

Die Extraktionsversuche erfolgten unter folgenden Bedingungen bei ei­ner Extraktionszeit von 3h:

250 bar, 40° C 350 bar, 60° C. 350 bar, 40° C

Hinsichtlich der Extraktmengen sind zwischen den einzelnen Versuchen keine großen Unterschiede erkennbar. Die Gesamtextraktmengen betrugen ca. 1,7 bis 2,0% der eingesetzten Buchgewichte mit einem Feststoffanteil von ca. 0,6 bis 0,8%.

Aus dem Vergleich mit Spektren bekannter Stoffe ergab sich, daß es sich bei der festen Phase überwiegend um Gemische verschiedener Harzsäuren und ähnlicher Stoffe wie zum Beispiel Kolophonium handelt. Die hohe In­tensität der CH2-Banden läßt ferner auf Anwesenheit von Paraffinen schließen. Kolophonium und Harzsäuren deuten darauf hin, daß es sich bei den Extrakten um Stoffe aus der Papierleimung und nicht aus der Rückenleirnung handelt.

Eine Bestimmung des Säuregehaltes in den Extrakten in Anlehnung an ZM IV 58/80 ergab folgende Säurewerte:

Festphase: 1,65% Flüssigphase: 1,74%.

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Die Massenentsäuerung



In keinem der Extrakte konnte Schwefelsäure oder Oxalsäure nachgewie­sen werden.

Bei den extrahierten Büchern war die Rückenleimung bei allen Bänden stark geschädigt und zum Teil völlig abgelöst. Schriftproben von Kugel­schreiber, Kopierstift und Faserstift waren unverändert; Tusche hatte abge­färbt auf die Nachbarseiten, Die Bruchkraft und die Bruchkraft nach Falzung der extrahierten Papiere waren nur unwesentlich verringert ge­genüber dem nicht extrahierten Papier. Bei den extrahierten Papieren war kein signifikanter Unterschied zwischen Buchrand und Buchinnerem zu er­kennen. Entscheidend war jedoch die Erkenntnis, daß der Säuregehalt im Papier durch die Kohlendioxidextraktion nicht verringert werden konnte. Die Säurewerte waren gegenüber unbehandelten Papieren sogar etwas höher, was zum einen durch die Extraktion der Harzstoffe erklärt werden kann - die prozentuale Zusammensetzung des Papiers wurde verändert ~, zum anderen ist die Wasserlöslichkeit der Säuren durch das Extrahieren der 'imprägnierenden' Harze besser geworden. Lediglich Oxalsäure konnte um 90% verringert werden. Malonsäure, Maleinsäure und Bernsteinsäure waren weder im unbehandelten noch im extrahierten Papier nachweisbar. Da in den Extrakten keine Oxalsäure identifiziert werden konnte, ist anzu­nehmen, daß sie sich unter den Extraktionsbedingungen zersetzt hat.

Aus den Ergebnissen der Extraktionsversuche ist der Schluß zu ziehen, daß Schwefelsäure und Sulfat in überkritischem Kohlendioxid nicht löslich sind. Diese Erfahrung deckt sich mit der Erkenntnis von Baynes-Cope, der feststellte, daß aus einer neuen, reinen Cellulose Säure mit Wasser leicht ausgewaschen werden kann, daß dies jedoch nicht gelingt, wenn es sich um die Cellulose eines alten Papiers handelt. Offensichtlich erfolgt eine zeitabhängige Verankerung der Säure an der Cellulose; dies ist in Form eines Halbesters denkbar, oder auch in Form eines Einschlusses in das Cel-lulosemolekül. Wie auch immer diese Verankerung der Säure aussieht, die Extrahierbarkeit wird dadurch sehr erschwert. Aufgrund vorstehender Ergebnisse wurden in Abstimmung mit dem Zentrum für Bucherhaltung die Extraktionsversuche zunächst abgebrochen, bis eingehendere Kennt­nisse über die Art der Säurefixierung vorliegen.

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Das DEZ-Verfahren

Abb. 87 Verfahrensschema der Hochdruckextraktion

Auch international wird an Hochdruckextraktionsverfahren zur Entsäue­rung von Büchern gearbeitet. Die bisher bekannt gewordenen Ergebnisse zeigen Forschungsbedarf an.

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Die Massenentsäuerung

Das Bückeburger Verfahren

Seit 1987 arbeitet das Staatsarchiv Bückeburg zusammen mit der Papier­technischen Stiftung in München an der Entwicklung eines rationellen Ver­fahrens zur Massenkonservierung modernen Papiers.

Der Prototyp der Konservierungsanlage mit den Ausmaßen zirka zwei Meter breit, 14 Meter lang und 5 Meter hoch befindet sich in Bückeburg in der Erprobungsphase. Ziel ist es, industriell erzeugten sauren und holz-schliffhalügen Papieren in drei Behandiungsschritten — Fixierung löslicher Schreibstoffe (Tinten, Stempelfarbe usw.) - Neutralisierung unter Bildung einer alkalischen Reserve ~-> Nachleimung zur Verbesserung der Festigkeit eine längere Lebensdauer zu verschaffen.

Der Ablauf orientiert sich an bewährten manuellen restauratorischen Methoden der Naßbehandlung. Die vorbereiteten Einzelblätter werden per Hand aufgelegt und mit einem Einzugsverfahren in einem Schutzsystem befestigt, das die Blätter durch alle Stationen der Maschine transportiert. Zunächst gelangen die Blätter in ein Fixierbad. Mit einer Fixiermittelkom­bination., die am Institut für Textil- und Faserchemie der Universität Stutt­gart seit 1985 entwickelt wurde, kann das Verblassen, Verschwinden oder Auslaufen von Farbstoffen verhindert werden. Der Fixierung schließt sich eine Zwischentrocknung an, die den Wassergehalt auf Werte zwischen 5-15% senkt, mit dem Ziel, im anschließenden Neutralisierungsbad mög­lichst viel Wirksubstanz in die Blätter transportieren zu können.

Die Entsäuerung erfolgt mit einer wäßrigen Magnesiumhydrogenkarbo­nat-Lösung. Nach einer erneuten Trocknung durchlaufen die Blätter die Leimungsstation. Eine dritte Trockenstufe beendet die Behandlung. Die Einzelblätter werden aus dem Transportsystem auf einem Stapel gesam­melt. Derzeit unterliegen die Behandlungsabläufe und die Behandlungs­medien der Optimierung. Bei zwei-bahnigem Betrieb sind vier Mitarbeiter in der Vorbereitung tätig, zwei Mitarbeiter legen die Blätter ein, und ein Mitarbeiter ist mit der Nachbereitung beschäftigt. Die Kapazität der An­lage wird mit 600 Blatt pro Stunde angegeben. Der Einsatz der Anlage ist konzipiert für die Konservierung von Archivbeständen, deren Zustand noch soviel Eigenfestigkeit besitzt, daß die beschriebene Behandlung Sinn macht. Damit ist eine Masse von Archivmaterial charakterisiert, die manu­ell nicht beherrschbar ist. Geht man davon aus, daß die Erprobungs- und

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Das DEZ-Verfahren









Abb. SS Der Prototyp 'Bückeburger Konservierurigsanlage'



Abb. 89 Bedienstarion der Anlage

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Die Massenentsäuerung




Abb. 90 Tanks zur Herstellung der Magnesmmhydrogenkarbonarlösuug

Abb. 91 Die fertigen Blätter werden gestapelt

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Das Deutsche MMC-Vert'ahren zur Papierentsäuerung

Optimierungsphase des Bückeburger Verfahrens in die Produktionsphase mündet, stände hier eine konservatorische Lösung zur Verfügung, die eine effektive Einzelblattbehandlung mit niedriger Risikoschwelle garantiert. Dieses Verfahren läßt sich in beliebige Vor- und Nachbereitungssysteme in­tegrieren.

Das Deutsche MMC-Verfahren zur Papierentsäuerung

Im Rahmen des Forschungsprogramms 'Massenkonservierung' förderte das Bundesministerium für Forschung und Technologie Forschungsarbei­ten, die beim Battelle-Institut in Frankfurt (seit 1993 Batteile Ingenieur­technik GmbH) durchgeführt wurden und noch fortgeführt werden. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Bibliothek gelang es, ein verbessertes Verfahren für die Konservierung gefährdeten Bibiiotheks- und Archivgutes zu entwickeln und zur Anwendungsreife zu bringen.

In einer Grundlagenuntersuchung wurden die international bekannten Entwicklungen zur Massenkonservierung verglichen und nach technischen und qualitativen Kriterien beurteilt. Ais vielversprechend für den Bedarf der deutschen Bibliotheken erschienen vor allem die MMC-Verfahren.

In der zweiten Projektphase wurden zusammen mit der Deutschen Bi­bliothek eigene Entwicklungsarbeiten aufgenommen, um die identifizierten Schwachsteilen der MMC-Verfahren zu beseitigen und die praktische Rea­lisierung der Massenkonservierung voranzutreiben. Die deutsche MMC-Versuchsanlage wurde 1990 bei Batteile in Frankfurt fertiggestellt.

Das von Battelle weirerentwickelte MMC-Verfahren basierte auf der chemischen Entsäuerung des Papiers mit Methylmagnesium-Karbonar bzw. einem Gemisch aus Ethyl- und Methyl-Magnesium-Karbonat (EMMC) in alkoholischer Lösung, gelöst in einem FCKW-Lösemittel. Zur Vermeidung der Schwachstelien der üblichen MMC-Verfahren wurde ein technisch verbessertes Anlagenkonzept entwickelt. Die. erste Testphase um­faßte die technische Erprobung der Anlage mit verschiedenen Versuchsrei­hen zur Optimierung einzelner Verfahrensschritte .sowie die anschließende Tesrbehandlung von Büchern.

Die Entsäuerungsbehandiung kann grundsätzlich in die drei Verfahrens­stufen Vortrocknung, Imprägnierung und Nachrrocknung unterteilt wer­den. Bei der Battelie-Versuchsanlage laufen alle Schritte in. einer Behand-

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Die Massenentsäuerung



lungskammer ab, die etwa 80 bis 100 Bücher faßt. Die bei anderen Verfah­ren sehr zeitaufwendige Vor- und Nachtrocknung der Bücher wurde durch eine Erwärmung des Papiers mittels Mikrowellenenergie während der Va­kuumtrocknung erheblich reduziert.

Im Anschluß an die Vortrocknung wird die Behandlungskammer mit der alkalischen Behandlungsiösung gefüllt. Dabei wird, basierend auf dem ur­sprünglichen Wei Tb-Verfahren eine karbonisierte Lösung von Magne-siumalkohoiaten, verdünnt mit inerten organischen Lösemitteln, einge­setzt. Die Bücher werden nur wenige Minuten unter Druck getränkt. Nach dem Abpumpen der überschüssigen Lösung wird das Lösemittel aus den Büchern verdampft und zurückgewonnen. Die Vakuum-Mikrowellentrock-nung ist hier besonders wirksam, so daß eine vollständige Entfernung des Lösemittels in relativ kurzer Zeit möglich ist.

Nach der Inbetriebnahme der Pilotanlage wurden von Bartelle die ein­zelnen Verfahrensschritte experimentell untersucht. Zusammengefaßt wur­den bis Ende 1991 folgende wesentliche Ergebnisse erreicht;

- In der Battelle-Anlage wurde erstmals die gesamte Behandlung in einer Kammer durchgeführt, wobei die Bücher mit einer effektiven Mikrowel­len-Vakuumtrocknung getrocknet wurden. Die Vorversuche zur Vor-und Nachtrocknung hatten zum Ziel, dieTrocknungsverläufe in Abhän­gigkeit von Temperatur, Druck, Mikrowellenleistung, Spülgasstrom, Lö­sungszusammensetzung, Papiersorte etc. zu erforschen. Es gelang, die bisher üblichen Trockenzeiten von ca. 2 Tagen auf 2 bis 3 Stunden zu verkürzen. Schwierigkeiten bereitete allerdings die unterschiedliche Energieabsorption der verschiedenen Papiersorten und Materialien. Auch der Energieeintrag in die Bücher war noch ungenügend gleich­mäßig. Hierzu waren die verfügbaren Temperaturmeßmethoden nicht ausreichend verläßlich.

Für die Nachtrocknung wurde untersucht, wie sich der Trocknungsver­lauf (Temperatur, Feuchtegrad bzw. Lösemittelgehait) auf die Qualität des behandelten Papiers auswirkt. Es zeichnete sich ab, daß bei niedrigen Tem­peraturen die durch den Alkohol hervorgerufenen Nebenwirkungen auf Farben und Druckünten geringer sind. Dennoch bestand die Aufgabe, die Trocknung durch einen höheren Wärmeeintrag zu beschleunigen.

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Das Deutsche MMC-Verfahren zur Papierentsäuerung

- Um Umweltschutzaspekten gerecht zu werden und um den Verbrauch


von Chemikalien zu minimieren, wurde die Anlage mit einer Lösemittel­
rückgewinnung ausgestattet, die aus einer Kondensationsstufe und einer
Adsorptionsstufe besteht.

Inwieweit eine Aufbereitung von verschmutzter Lösung oder die Rück­führung von alkoholangereichertem, potentiell wasserhaltigem Lösemittel-Kondensat mit Verlusten an Wirksubstanz verbunden sind, konnte damals noch nicht untersucht werden.



  • Während der Nachtrocknung wurde die Spülluft in einem geschlossenen
    Kreislauf geführt, um Emissionen zu vermeiden. Inwieweit allerdings die
    behandelten Bücher selbst eine Emissionsquelle darstellten, konnte noch
    nicht qualitativ erfaßt werden.

  • Die Dauer aller Verfahrensschritte konnte erheblich gesenkt werden: an
    die Vortrocknung von 2 bis 3 Stunden (s.o.) schloß sich die Behandlung
    mit EMMC an, die inklusive Füllen, Entleeren und Spülen der Kammer
    ca. 10 min benötigte. Die Nachtrocknung dauerte ebenfalls 2-3 Stunden.

  • Obwohl die Anlage größer als die bisherigen Versuchsanlagen (Kanada,
    Frankreich) ist, konnte sie modular und kompakt konzipiert werden.
    Einzelne Komponenten wurden technisch verbessert. Die Funktions­
    fähigkeit der Anlage wurde im wochenlangen störungsfreien Betrieb
    nachgewiesen. Gegen Ablagerungen in der Behandlungskammer wurde
    ein Spülsystem mit reinem Lösungsmittel entwickelt. Verbindliche Aus­
    sagen zum Langzeitverhaiten der einzelnen Komponenten, zum War­
    tungsbedarf und zum Chemikalienverbrauch konnten in dem damaligen
    Betriebstest jedoch noch nicht abgeleitet werden.

  • Für die Prozeßsteuerung wurde ein industrielles Standardsystem einge­
    setzt, für das die Software speziell erstellt wurde. Die Prozeßsteuerimg
    ermöglichte sowohl eine vollautomatische Behandlung mit frei wähl­
    baren Verfahrensparametern als auch eine Steuerung von separaten Teil­
    schritten.

  • Behandelt wurden einige hundert Bücher mit ungestrichenem, minder­
    wertigem Papier, überwiegend aus Verlagsrestbeständen der ehemaligen
    DDR. Auch eine Vielfalt 'westdeutscher' Bücher, die eine durchweg bes­
    sere Papierqualität aufwiesen, wurde entsäuert, vom Taschenbuch bis
    hin zum lOOOseitigen Nachschlagewerk.

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