Popularmusiker in der provinz


iii) Berufsgruppe/Interessengruppe



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Sana27.06.2017
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iii) Berufsgruppe/Interessengruppe


Für einen Teil der interessierenden “Szene” den Status einer Berufsgruppe - etwa von Ausübenden eines freien Musikerberufes im Popularmusikbereich - zu akklamieren, erscheint vor dem Hintergrund einer nicht auszumachenden, gerade professionelles Gebaren betreffenden gemeinsamen “Moral” bzw. eines fehlenden die Akteure bindenden Berufsethos 432 fragwürdig.

Demgegenüber könnte jedoch der Einwand erhoben werden, dass es zu entsprechenden “Konsolidierungen” - vergleichbar etwa den Verbänden bestimmter etablierter freier Berufe wie Arzt oder Rechtsanwalt - vielleicht deswegen noch nicht gekommen sei, weil das Berufsfeld “Popularmusiker” als solches noch nicht so lange Zeit existiere und das Tätigkeitsfeld darüber hinaus einer starken Dynamik und ständigen Veränderungen unterworfen sei.

Allerdings gibt es professionelle musikalische Tätigkeit im Popularbereich nicht erst seit dem zweiten Weltkrieg. Interessenvertretungen, die sich z.T. nach gewerkschaftlichem Vorbild (im Jazz-Bereich die UDJ/“Union deutscher Jazzmusiker”) oder nach dem Muster von Berufsverbänden (Urheber-Interessenverbän-de, GEMA o.ä.) organisieren, bestehen in Teilbereichen seit vielen Jahren bzw. Jahrzehnten.

Aus den Interviews und aus teilnehmender Beobachtung ergibt sich, dass kein Mitglied der interessierenden “Szene” - einschließlich der Professionellen und/ oder der besser Verdienenden - zumindest zum Zeitpunkt des jeweiligen Interviews ausschließlich von der popularmusikalischen Tätigkeit in oder nicht in einer festen Combo und/oder vom Verkauf diesbezüglicher Multiplikatoren (in der Regel Tonträger) leben oder sich dadurch einen Lebensstandard ermöglichen konnte, der dem eines Angehörigen der “bürgerlichen” Mittel- bis oberen Mittelschicht entspräche : Die Akteure dürften mehrheitlich entweder auf Einnahmen aus musikbezogenen Tätigkeiten angewiesen gewesen sein, die mit der eigenen popularmusikalischen Tätigkeit nur sehr indirekt bis gar nichts zu tun hatten, auf Einnahmen aus nicht-musikalischer Tätigkeit oder auf Einnahmen aus anderen Konstellationen.

Vor dem Hintergrund der massenmedialen Vermittlung des Berufsbildes “Po-pularmusiker” würde sich an dieser Stelle eine weitere Erklärungsmöglichkeit - neben den unter II/ii) gemachten Ausführungen unter dem Stichwort “Warte-schleifen-Phänomen” - für das Fehlen bzw. die Nichtauffindbarkeit einer Art gemeinsamen “Moral” oder sogar eines Berufsethos anbieten : Da berufliche popularmusikalische Tätigkeit sehr “selten” ist - gemäß Frith eher Angelegenheit einer “Ingroup” -, kursieren über ein entsprechendes Berufsethos, kaum zutreffende Vorstellungen. Die Ausübenden eines tatsächlichen Popularmusikerberufes sind aber entweder für die Massenmedien so interessant, dass sie u.U. Gegenstand popularmusikbezogener massenmedialer Desinformations- bzw. Mythenbildungspraktiken werden können 433, oder aber sie befinden sich in Zuarbeiterfunktionen (Tourmusiker, Produzenten, Arrangeure, Songwriter u.a.), so dass sie für die Medien - mit Ausnahme vielleicht bestimmter Spezialpublikationen - nicht interessant sind, sein wollen oder u.U. sogar sein dürfen.
Grundsätzlich ist an dieser Stelle festzuhalten, dass die Angehörigen der untersuchten “Szene” keine gemeinsame Berufsgruppe bilden (wie etwa Klempner) oder Bestandteil einer solchen sind, obschon nicht in Abrede gestellt werden soll, dass Teile dieser “Szene” - die Angehörigen, die etwa dem “Profi-Musiker-Ideal-Typus” entsprächen - im weitesten Sinne einer popularmusikalischen Berufsgruppe zugeordnet werden können.

Dass es sich bei dem interessierenden Personenkreis um eine - zumindest vielleicht lokal begrenzte - Interessengruppe handelt 434, wird an dieser Stelle ebenfalls bestritten : Sowohl Interviews als auch teilnehmende Beobachtung zeigten, dass

1) die interessierende “Szene” hinsichtlich popularmusikbezogener Intentionen aber auch bezüglich Sozialstatus quasi “quer” zu den verschiedenen Cliquen recht heterogen besetzt ist,

2) das Vertreten gemeinsamer Interessen in Selbsthilfeorganisationen vor dem Hintergrund bestimmter spektakulärer Anreize 435 sowie eines besonderen Zeitgeistes zu betrachten wäre

und

3) die Ausformung von Interessenvertretungen/Musikerselbsthilfezusammen-schlüssen/entsprechenden Vereinskonstruktionen in der Osnabrücker Situation ihrerseits wieder zur Bildung von weiteren “Szene”-Clique führte – u.a. auch in diesem Fall auch einer Osnabrücker Musikerinitiative 436.


III) Popularmusikalische Tätigkeit als Nachmachkultur?

Frith betrachtet die zeitgemäße Popularmusik als ein Phänomen, welches ohne die Tätigkeit und spezifische Funktionsweise moderner Massenmedien nicht denkbar wäre.

Zumindest einige der in der “Vorstudie 81/82” vorkommenden MusikerInnen äußerten, dass sie es in karrieredienlicher Hinsicht für unbedingt erforderlich bzw. notwendig hielten, mit ihren eigenen Musikgruppen Teil dieses Massenmedien-Phänomens zu werden und entwickelten darauf gerichtete Strategien 437. Auch aus den Aufschneidereien aus 2.3.e/ii) wird die Einstellung deutlich, dass die Akteure es für erstrebenswert hielten, persönlich Teil des Phänomens zu sein. Es bot sich die Interpretation an, dass die fiktiven Selbstdarstellungen im wesentlichen aus diesem Grund abgegeben wurden.

Jedoch scheint in diesem Zusammenhang auf, dass Vorstellungen davon, was ein Schallplattenproduzent, Studiomusiker oder auf andere Weise in die “Welt” der professionellen Popularmusik-Verwertung Involvierter ist und tut, selbst auch wieder Massenmedien-vermittelt sind.


i) Stichwort “Popularmusikalische Enkulturation”


Hinsichtlich des oben Gesagten kann der Einwand erhoben werden, die Ausführungen beschäftigten sich eigentlich nur mit einigen wenigen Ausnahmefällen. Nicht zuletzt würden in diesem Zusammenhang überwiegend Statements solcher Leute herangezogen, die - im Gegensatz wohl zu den meisten anderen Zeitgenossen - eine Mitgliedschaft in der Musikbranche anvisierten bzw. zumindest zeitweilig anvisiert hätten 438.

Bei der Diskussion der Musiker-Ideal-Typen sowie auch des Cliquen-Wesens, zumindest jedoch der popularmusikalischen Ambitionen der einzelnen Angehörigen erwies sich diese “Szene” jedoch als recht heterogen zusammengesetzt.

Ergebnisse musikwissenschaftlicher, soziologischer bzw. sozialpsychologischer Forschung zum Rezeptions- sowie Freizeitverhalten Jugendlicher, auf die in Kap. I) hingewiesen wurde, machen quantitative Aussagen über die durchschnittliche tägliche Dauer der Popularmusikrezeption oder die Rolle von Popularmusik im Zusammenhang jugendlicher Freizeitgestaltung. Andererseits dürfte die ständige Vermehrung popularmusikbezogener Angebote seitens der Massenmedien zu einer (weiterhin) zunehmenden Präsenz dieses Musik-Genres im Alltag der Menschen führen. So ist in diesem Zusammenhang z.B. nicht selten eine gut funktionierende Symbiose zwischen Werbewirtschaft und Popularmusikverwertung zu beobachten, wie auch manchmal - z.B. anlässlich der Bewerbung von Großkonzerten - eine Art Schulterschluss zwischen den Veranstaltern und privaten ebenso wie öffentlich-rechtlichen Massenmedien zustande kommt.

Dass der Massenmedien-Einfluß gerade auch im Zusammenhang des Entstehens einer Musikgruppentätigkeit im Popularmusikbereich von Bedeutung sein kann und wie genau im konkreten Fall diese Bedeutung zu beschreiben wäre, können Statements zu 2.1.a) bis 2.1.c) zeigen. In welcher konkreten Weise ein entsprechender Massenmedien-Hintergrund während der ersten Phase der popularmusikalischen Combo-Tätigkeit aufscheint, zeigen unter 2.1.c) sowie 2.2.a) und 2.2.c) zusammengefassten Aussagen der Akteure.




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