partmentsiegeln in Form und Stil voraus, als auch den
von Pottier herangezogenen neusumerischen Vergleichs-
beispielen.
Interessant in diesem Zusammenhang ist die Tatsache,
da
β
diese charakteristische Schulterblattgestaltung,
leicht abgewandelt, auch Eingang gefunden hat in die
baktrische Kunst. Nicht nur unser zweites Vergleichs-
siegel, auch die Erzeugnisse baktrischer Toreutik weisen
vergleichbare Schulterblattdarstellungen auf: zwei
baktrische Silberbecher, zum einen mit einer Pflug- und
Bankettszene, zum anderen mit einer Wagenszene, zei-
gen Boviden mit ähnlicher Schulterblattgestaltung, der
letztere sogar ein weiteres direkt aus dem ‘intercultural
style’ stammendes Detail: die charakteristische Riefelung
des Bauchfelles. Auch ein Teller mit einem in Repoussée-
technik gearbeitetem Rinderdekor, der vermutlich eben-
falls in den baktrischen Kulturkreis einzuordnen ist, weist
diese Art der Schultergestaltung auf (Amiet 1986: Abb.
202e; 1988: Abb. 4a, 6). Darüber scheint ein weiteres Detail
dem ‘Intercultural Style’ entlehnt, das sich auf dem o.g.
dritten baktrischen Siegel wieder findet: das schreitende
Bein des Löwendrachen, fast im rechten Winkel erhoben,
findet sich bei allen Darstellungen von Feliden im ‘Inter-
cultural Style’, wenn sie mit Schlangen kämpfend wieder-
gegeben sind (Parrot 1960: Abb. 168d; Durrani 1964: Tf.
VI.I).
Weitere iranische Parallelen: ein Rollsiegel aus Susa
(Abb. 9a)
Zwar als Rollsiegeldarstellung, aber in einem ähnlichem
gedrungenen Stil wie das Compartimentsiegel aus der
Sammlung Foroughi, ist eine weitere frühdynastische
Variante der Göttin auf einem Feliden thronend überlie-
fert. Es handelt sich hier um ein in Susa gefundenes um-
gearbeiteten FD-III-zeitlichen Rollsiegel, das neben dem
Rest eines sumerischen Figurenbandes überwiegend Dar-
stellungen in nichtmesopotamischer Ikonographie ent-
hält und um 2500 v.Chr. zu datieren ist (Amiet 1986: Abb.
7).
11
Hier sind gleich mehrfach Frauen auf einem Felide
thronend, dargestellt worden, wenngleich sie nicht auf
ihm sitzen, sondern knien. Sie sind wiedergegeben so-
wohl im glatten ungemusterten Kleid, wie auf dem Siegel
der Sammlung Forougi, als auch im Kaunakesrock, mit
dem vor der Taille zusammengelegten Armen und der
selben Frisur und Physiognomie wie die Reiterin auf dem
Compartimentsiegel aus dem Kerman. Ihre mythologi-
sche Bedeutung wird durch beigefügte Astralsymbole und
Adoranten verdeutlicht. Eine dieser auf Feliden knienden
Frauen besitzt stilisierte Ähren, die aus ihren Schultern
wachsen und hat zu ihrer rechten Seite eine Ziege mit
zurückgedrehtem Kopf angefügt. Diese Kombination mit
Ziege und Feliden erinnert wieder stark an das baktrische
Silbersiegel, das diese Kombination wiederholt [Abb. 6a].
Die Göttin auf Feliden scheint damit mindestens bis auf
frühdynastische iranische Ikonographie zurückgehen,
ließe sich aber noch weiter zurückverfolgen, z.B. zu spät-
urukzeitlichen Siegelabrollungen, die eine nackte,
Schlangen haltende, Frau auf Feliden stehend zeigt
(Amiet 1972: 77 Textabbildung), ja selbst bis zu neolithi-
schen Darstellungen der auf Feliden hockenden gebären-
den Frau. Eine wie auch immer zu benennende Variante
einer Fruchtbarkeitsgöttin mag vielleicht hinter all die-
sen Darstellungen zu stecken.
Da
β
das Motiv der auf einem Löwen, Löwendrachen
oder Schlangendrachen thronenden Frau ein zutiefst
iranisches ist, zeigt die Weitertradierung des Motivs in
der iranischen Kunst. Auch in der altelamischen Kunst
gehört die auf einem Feliden oder Felidenmischwesen
thronende Göttin zum Repertoire, vertreten zum einem
auf dem Felsrelief von Kurangun, zum anderen auf alt-
elamischen Siegeln (Vanden Berghe 1983: Abb. 2; Amiet
1973: Tf. XII.K, XII.N; Börker-Klähn 1970: Tf. 68.136). [Abb.
9b-c]. Das Nachleben dieses Motivs bis in die Eisenzeit
belegen Scheibenkopfnadeln aus Luristan (Ghirshman
1964: Abb. 97) [Abb. 9d].
Weitere iranische mythologische Figuren im baktrischen Reper-
toire
Die auf diesem Siegel wiedergegebene, durch ihr Attribut-
tier aus dem profanen Bereich herausgehobene Frau läßt
195
Abb. 9: Weitere Darstellungen von Frauen auf Feliden in der iranischen Kunst. A) FD-III-zeitliches elamisches Rollsiegel aus Susa (Amiet 1986: Abb.
71); B) Altelamitisch Felsrelief von Kurangun (Ausschnitt) (Vanden Berghe 1983: Abb. 2); C) Altelamitisches Rollsiegel (Börker-Klähn 1970: Tf. 80.136);
D) Abbildung auf einer Scheibenkopfnadel aus Luristan, Eisenzeit, Anfang 1. Jahrtausend v.Chr. (Ghirsman 1964: Abb. 97).
Abb. 10: Mögliche Entwicklung des Stiermenschen aus iranischen Vorläufern bis zur baktrischen Kunst. A) Stiermenschen in der proto-elamitischen
Kunst (Nach: Harper, Aruz & Tallon 1992: Abb. 5; Amiet 1961: Tf. 38.586, 38.591); B) FD-II- und FD-III-zeitliche Stiermenschdarstellungen in
ʻ
Intercultural Style
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, in der Susa-Glyptik und auf einem Compartimentsiegel aus Shahr-i Sokhta II, Seistan (Nach: Delougaz & Lloyd 1942: Abb. 63;
Amiet 1986: Abb. 71; Baghestani 1997: Abb. 17.2); C) Baktrische Compartimentsiegel (Sarianidi 1986b: Abb. 2.19; Baghestani 1997: Nr. 345, 404).
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