Josef Baum1


Beispiele grenzübergreifender Wirtschaftsaktivitäten nach 1989 anhand positiver Beispiele



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Beispiele grenzübergreifender Wirtschaftsaktivitäten nach 1989 anhand positiver Beispiele

Folgende Grenzübergreifende Wirtschaftsaktivitäten wurden genauer betrachtet.




  • Teichwirtschaftskooperation

  • EGSTON - Standortssicherung durch Bein in Tschechien

  • NBG im Gründerzentrum Gmünd

  • Mars-Greiftechnik - physisch grenzübergreifende Produktion

  • Sparkasse Waidhofen - Filialen in Tschechien

  • Beginnende Tourismuskooperation

  • Felten & Guilleaume

  • Grenznutzen

Davon sollen im Folgenden wiederum nur ausgewählte Firmen betrachtet werden.


Unter positiven Beispielen grenzübergreifender Wirtschaftsaktivitäten sollen hier Prozesse verstanden werden, die zur Wohlstandsstabilisierung bzw. -vermehrung auf beiden Seiten der Grenzen führen. Allerdings ist dies im Einzelnen durchaus nicht einfach zu beurteilen, da nicht alle wirtschaftlichen Vorgänge nur Gewinner kennen. Die Gewinner sind tatsächlich oft auch nur eine Minderheit. Die Frage der längeren Sicht ist dabei aber wichtig, d. h. verteilen sich die "Gewinne" über die Zeit, über breitere Schichten.
Tatsächlich gibt es auch nicht wenige Beispiele, wo die Gewinne sehr einseitig und zwar sowohl in grenzübergreifender Sicht wie auch innerhalb eines jeden Landes verteilt sind. Hier sollen nun im Folgenden Beispiele dargestellt werden, wo jedenfalls aus heutiger Sicht insgesamt beide Seiten profitieren und die "Gewinner" nicht nur sehr wenige sind und die Effekte "nachhaltig" längere Zeit wirken.
Andererseits ist die Wirtschaft immer auch ein Suchen nach Neuerungen, neuen Produkten, Verfahren und Organisationen. Neue Märkte werden ins Auge gefasst, dabei gibt es oft hohe Erwartungen und zwangsläufig auch Rückschläge und Verluste. Neuerungen verlaufen nach dem Schema von "Versuch und Wirkung".
Eine der wohl wirksamsten institutionellen Einrichtungen ist der "Grenznutzen", der durch Beratung und Information grenzübergreifende Wirtschaftskooperationen fördert. Dabei ist jedoch die zahlenmäßige Erfassung bzw. der konkrete Nutzen nicht einfach zu beziffern.
Waldviertler Sparkasse von 1842
Die Waldviertler Sparkasse von 1842 hat in Österreich Geschäftsstellen in Waidhofen/Thaya, Gmünd, Litschau, Raabs/Thaya, Dobersberg, Kautzen und Vitis. In Tschechien existieren derzeit Geschäftsstellen in Jindrichuv Hradec, Dacice und Trebon. Die Eröffnung weiterer Geschäftsstellen ist in unmittelbarer Zukunft geplant. Ebenfalls ist eine Präsenz in Prag absehbar.
Die Waldviertler Sparkasse befindet sich in einer sehr dynamischen Entwicklung: Die Bilanzsumme wurde von 2,572.000.000,-- ATS im Jahre 1993 auf 4,116.000.000,-- ATS im Jahre 1998 erhöht. Eine weitere Expansion ist absehbar.
Ein Faktor unter mehreren für diese Entwicklung ist der Schritt über die Grenze nach Südböhmen zu Beginn der 90er Jahre. 1991 wurden zwei tschechische Mitarbeiter aufgenommen. Nach Erhalt einer Filialkonzession für Tschechien im Jahr 1993 (andere österreichische (Groß)Banken gehen in der Regel als AG über die Grenze), die bislang einmalig ist, wurden Filialen in Dacice und Jindrichuv Hradec eröffnet.
1993 wies die Waldviertler Sparkasse 73 Mitarbeiter auf, 1998 120. Davon waren 31 in tschechischen Filialen beschäftigt. Nicht eingerechnet sind dabei die 35 Beschäftigten des Hotel- und Golfgeschäftsbereiches.

Gleichzeitig wurde auch im Waldviertel expandiert: Einerseits räumlich mit neuen Geschäftsstellen, andererseits vor allem durch Entwicklung neuer Geschäftsbereiche. Vor allem im Vermögensmanagement werden mit eigener Softwareentwicklung eigene Wege beschritten.

Jüngst wurde auch eine Verbindungsstelle der Waldviertler Sparkasse in Brüssel eingerichtet.

Insgesamt ist jedenfalls ein Marktanteilsgewinn im Waldviertel festzustellen.

Die Waldviertler Sparkasse ist ein wichtiges Dienstleistungsunternehmen für Klein- und Mittelbetriebe, die in Österreich in vielen Branchen vor schweren Herausforderungen stehen.

Die Inbetriebnahme des Thayatalhotels und des Golfplatzes Waidhofen/Thaya im Sommer 1998 kann für die Region als wichtiger Schritt zur Ausweitung des touristischen Angebotes in der Region und damit zur notwendigen Diversifizierung der Beschäftigtenstruktur gewertet werden.


Die Effekte der grenzübergreifenden Wirtschaftsaktivität können insgesamt in den verschiedenen Dimensionen schwer beziffert werden. Der nicht geringe Gewinn der Sparkasse von etwa 78 Millionen ATS im Jahre 1998 stammt laut Angaben des Institutes heute zu ca. einem Drittel aus dem Geschäft in Tschechien. Die Synergien dieser Kooperation, das Know-how fließen in die Beratung der Stammkunden ein, eröffnen neue Bereiche und stärken insgesamt die eigene Performance am Markt und helfen interessierten Kunden bei zweckmäßigen Ausweitungen des Aktionsradius auch über die Grenze.
Das Bankgeschäft in Tschechien konzentrierte sich anfangs zu etwa zwei Drittel auf den landwirtschaftlichen Bereich im weiteren Sinn. Hier wurden etwa neue Maschinen finanziert, wobei staatliche Garantien für diese Finanzgeschäfte die Regel sind. Inzwischen beträgt dieser Bereich etwa knapp die Hälfte. Neben Kleinkunden sind internationale Investoren in der Region gewonnen worden.
Die Investitionen sind bei Dienstleistungsunternehmen bekanntlich vergleichsweise gering. Günstige Mietenlösungen für die Lokale wurden gefunden. Erst später wurden eigene Baupläne entwickelt.
Derzeit werden Kredite in Tschechien zu etwa 14 % vergeben (vor einigen Jahren betrug diese Rate 18 %), der Spareinlagenzinssatz beträgt etwa 8 %. Die zurückgehende Inflation senkte auch das Zinsniveau. Die Spannen zwischen Einlagen und Kreditzinsen sind somit deutlich höher als in Österreich. Eine weitere Quelle der Gewinne ist die grenzübergreifende Kapitaltransaktion. In Tschechien ist Kapital durch die höheren Zinsen "knapper", während in Österreich Kapital zu günstigen Zinsen zur Verfügung steht. - Ein Element dieser Transaktionen ist das "Kronensparbuch", das in Österreich 6 % Zinsen gewährt.

Schließlich sind die niedrigen Arbeitskosten ebenfalls ein Element, das relevant für die grenzübergreifenden Wirtschaftsaktivitäten ist.


Die Kunden in Tschechien profitieren u.a. durch schnelle Entscheidungen, Know-how und grenzübergreifende Beratungen und Sicherheiten.
Allgemein wird davon ausgegangen, dass die tschechische Krone weit unterbewertet ist. Es kann zwar bei schwankenden Währungsentwicklungen auch zu Abwertungen kommen, auf Sicht ist eine wesentliche Aufwertungstendenz zu erwarten.

Felten & Guilleaume Austria Schrems
1998 beschäftigte die F&G Austria durchschnittlich 1.162 Mitarbeiter (1997: 1.156). Der Umsatz erreichte 1998 ATS 1,75 Mrd.. 1993, als F&G die Produktionsstätte im 20 km von Schrems entfernten Suchdol errichtete, wurden 30 tschechische Arbeitskräfte dort beschäftigt. 1998 sind es etwa 800.

Nach eigenen Angaben ist seit dieser Zeit eine leichte Expansion der Mitarbeiter in Österreich erfolgt. Nach Angaben des Firmen-Directory des Verlag Hoppenstedt ist die Mitarbeiterentwicklung in Österreich stabil geblieben. Eine deutliche Mitarbeiterexpansion in Österreich erfolgte jedenfalls gegenüber den 80er Jahren.


Zwischen 1993 und 1998 erfolgte eine Umsatzverdoppelung. In Österreich wurde die Zahl der beschäftigten Facharbeiter deutlich gesteigert - nach Angaben der Firma wurden 1990 in Österreich 121 Facharbeiter beschäftigt, 1998 waren es 191.
F&G Austria ist das Kompetenzzentrum für Schutzschaltertechnik der deutschen Felten & Guilleaume AG und mit der Führung der Geschäftseinheit "Schutzschalter" beauftragt. Als Kompetenzzentrum ist F&G Austria zuständig für alle Marketing- und Vertriebsaktivitäten und die weltweite Produktion. Es ist eingebettet in ein weltweites Produktionsnetzwerk mit Standorten in Schrems, Nordenham (Deutschland), Bilbao (Spanien), Suchdol (Tschechische Republik) und Murray Bridge (Australien). Mit rund 2.700 Mitarbeitern erwirtschaftete der Schutzschalterbereich 1998 einen Umsatz von rund ATS 2,7 Mrd..

Seit Herbst vorigen Jahres ist die Moeller Holding GmbH & Co KG Mehrheitseigentümer der Felten & Guilleaume AG. Durch den Zusammenschluss entstand eine neue weltweit tätige Unternehmensgruppe, die mit rund 11.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von mehr als ATS 16 Mrd. in ihrem Bereich zu den größten Europas zählt. F&G verfügt damit (indirekt) über rund 40 Vertriebsgesellschaften in allen 5 Kontinenten.


Zu den wichtigsten Märkten gehören die Länder der Europäischen Union, auf die rund 63% des Umsatzes entfallen. Im restlichen Europa, inklusive Zentral- und Osteuropa, wurde die Marktposition in den vergangenen Jahren konsequent ausgebaut. Rund 23% des Umsatzes wurden 1998 in dieser Region erzielt. Zu den strategischen Zielmärkten der F&G Austria gehört auch die Region Fernost, wo rund 7% des Umsatzes erwirtschaftet werden.

Anfang 1998 wurde in den Vereinigten Arabischen Emiraten eine Vertriebsgesellschaft zum Aufbau eines Vertriebsnetzes im arabischen Raum gegründet und mit den Vorarbeiten für den Ausbau der Marktpräsenz in China und im Iran begonnen. Auf dem wichtigen chinesischen Markt wird zur Zeit am Aufbau einer lokalen Fertigung gearbeitet. Über die spanische Tochterfirma Medex wurde mit der Erschließung des lateinamerikanischen Marktes begonnen.


In diesem Zusammenhang steht die tschechische Tochterfirma F&G Elektrotechnika, die innerhalb von drei Jahren in Tschechien die Marktführerschaft im Bereich Schutzschalter erreichen konnte und auch Markterfolge in Litauen, Lettland, Rumänien und der Ukraine erzielte. Die neugegründete F&G Slovakia soll den slowakischen Markt ebenso erfolgreich bearbeiten.
Die konzernweiten Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Bereich Schutzschaltertechnik sind bei F&G Austria im Forschungslabor Wien konzentriert., das derzeit erweitert wird. Dabei wäre es für die Region allerdings günstiger, wenn solche Entwicklungsarbeiten ebenfalls am Produktionsstandort stattfinden würden. Schließlich würde dadurch der Standort noch weiter gefestigt.

Wirtschaftspark Gmünd
Der Wirtschaftspark Gmünd war ein Projekt, mit dem hohe Erwartungen verbunden waren. Tatsächlich lief vieles nicht so, wie es hätte laufen können. Wahrscheinlich hätten anfangs der 90 Jahre noch viel mehr Chancen genutzt werden können, wenn das Projekt zügiger umgesetzt worden wäre. Bei aller berechtigten Kritik bleibt der Access Wirtschaftspark mit Gründer- und Beratungszentrum ein sehr wichtiges Projekt für die (grenzüberschreitende) Zukunft des Waldviertels:

Der Wirtschaftspark Gmünd15 ist der erste Wirtschaftspark, der sich tatsächlich über eine Ländergrenze hinweg erstreckt. Er bietet Zugang zu kostengünstiger Produktion, Zugang zu zwei unterschiedlichen Beschaffungs- und Absatzmärkten und beste Standortqualität auf österreichischer wie auf tschechischer Seite. Seine weltweite Besonderheit besteht darin, dass erstmals die Grenzüberschreitung innerhalb eines Wirtschaftsparks für Personen und Waren in Form von sogenannten ”Nebenwegsbewilligungen” – also ohne Benützung einer offiziellen Grenzübertrittsstelle – möglich ist.


Auf österreichischer Seite befindet sich auch ein Gründer- und Beratungszentrum. Der Wirtschaftspark wurde 1995 eröffnet, das GBZ im September 1996.
Für die Errichtungskosten des Wirtschaftsparks wurde von Bund und Land NÖ viel Geld aufgebracht. Der gerade in Bau befindliche Eisenbahnanschluss an die FJB erfolgt über die tschechische Seite.

Im Vergleich zum Gründerzentrum ist der Arbeitsplatzeffekt auf Gmünder Seite noch bescheiden. Auf österreichischer Seite gibt es – bisher - drei Betriebsansiedler: die Tischlerei Herzog mit 10 Beschäftigten, die Lackiererei Traxler mit 6 Beschäftigten (beide Firmen sind Umsiedler aus der Region) sowie mit der Fa. Mars Greiftechnik (Greifertechnik für LKW-Kräne) einen internationalen Betriebsansiedler (aus der BRD) mit derzeit 2 Beschäftigten.


Auf tschechischer Seite handelt es sich durchwegs um internationale Betriebsansiedler: die Fa. Magna (Blechpressteile für die Autoindustrie) mit 210 Beschäftigten, die Fa. Linasa (Spanien, Waschmittelproduktion) und wiederum die Fa. Mars Greiftechnik mit 15 Beschäftigten.

Die Fa. Mars Greiftechnik ist das erste Unternehmen, das den grenzüberschreitenden Standortvorteil voll nutzt: Bei den aneinander angrenzenden Grundstücken der Betriebsstätten in Österreich und in Tschechien ist mittels einer Nebenwegsbewilligung das Überschreiten der ”grünen Grenze” von Waren und Mitarbeitern gestattet. Die Großansiedlungen auf tschechischer Seite wie etwa Magna haben durchwegs positive Auswirkungen auf die Region in Österreich: 80 % der Wertschöpfung bei der Errichtung wurde von lokalen Waldviertler Betrieben wahrgenommen. Sogar der Schotter für den Straßenunterbau wurde aus Österreich angeliefert.


Das Gründer- und Beratungszentrum war bereits bei der Eröffnung zu 100 % ausgelastet, so dass schon bei der Eröffnung die 2. Ausbaustufe beschlossen und verkündet wurde. Diese war ebenfalls sofort nach Fertigstellung zu 100 % ausgelastet.

In 3 Jahren sind im Gründer- und Beratungszentrum 89 Voll- und 12 Teilzeitarbeitsplätze neu (Gründer!!) geschaffen worden. Von diesen 101 Arbeitsplätzen sind noch dazu 68 (59 Voll- und 9 Teilzeit) in den zukunftsträchtigen und rasch expandierenden Bereichen Telekommunikation - Neue Medien - Telematik (Informationssektor) entstanden. Gerade diese drei Betriebe sind so rasch gewachsen, dass sie Grundstücke erwerben und selbst bauen. Dadurch wird den Zielen eines Gründerzentrums entsprechend wiederum Platz für neue Gründer geschaffen. Die Unternehmen des Informationssektors planen die Errichtung eines privat geführten Technologiezentrums. U. a. werden hier die Multimedia-Breitbandübertragung mittels ADSL – z. B. “Fernsehen über die Telefonleitung” – in einem Pilotversuch weiterentwickelt





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