Im Westen nichts Neues / На Западном фронте без перемен. Книга для чтения на немецком языке



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Im Westen nichts Neues На Западном фронте без перемен Книга для

* * *
Beim Aufbrechen fragt Kat mich: »Was meinst du zu Gänsebraten?«
»Nicht schlecht«, finde ich.
Wir klettern auf eine Munitionskolonne. Die Fahrt kostet zwei Zigaretten.
Kat hat sich den Ort genau gemerkt. Der Stall gehört einem Regimentsstab. Ich
beschließe, die Gans zu holen, und lasse mir Instruktionen geben. Der Stall ist
hinter der Mauer, nur mit einem Pflock* verschlossen.


Kat hält mir die Hände hin, ich stemme den Fuß hinein und klettere über
die Mauer. Kat steht unterdessen Schmiere*.
Einige Minuten bleibe ich stehen, um die Augen an die Dunkelheit zu
gewöhnen. Dann erkenne ich den Stall. Leise schleiche ich mich heran, taste den
Pflock ab, ziehe ihn weg und öffne die Tür.
Ich unterscheide zwei weiße Flecke. Zwei Gänse, das ist faul: fasst man die
eine, so schreit die andere. Also beide – wenn ich schnell bin, klappt es.
Mit einem Satz springe ich zu. Eine erwische ich sofort, einen Moment
später die zweite. Wie verrückt haue ich die Köpfe gegen die Wand, um sie zu
betäuben. Aber ich muss wohl nicht genügend Wucht haben. Die Biester
räuspern sich und schlagen mit Füßen und Flügeln um sich. Ich kämpfe erbittert,
aber, Donnerwetter, was hat so eine Gans für Kraft! Sie zerren, dass ich hin und
her taumele. Im Dunkel sind diese weißen Lappen scheußlich, meine Arme
haben Flügel gekriegt, beinahe habe ich Angst, dass ich mich zum Himmel
erhebe, als hätte ich ein paar Fesselballons in den Pfoten.
Da geht auch schon der Lärm los; einer der Hälse hat Luft geschnappt und
schnarrt wie eine Weckuhr. Ehe ich mich versehe, tappt es draußen heran, ich
bekomme einen Stoß, liege am Boden und höre wütendes Knurren. Ein Hund.
Ich blicke zur Seite; da schnappt er schon nach meinem Halse. Sofort liege
ich still und ziehe vor allem das Kinn an den Kragen.
Es ist eine Dogge. Nach einer Ewigkeit nimmt sie den Kopf zurück und
setzt sich neben mich. Doch wenn ich versuche, mich zu bewegen, knurrt sie.
Ich überlege. Das einzige, was ich tun kann, ist, dass ich meinen kleinen
Revolver zu fassen kriege. Fort muss ich hier auf jeden Fall, ehe Leute kommen.
Zentimeterweise schiebe ich die Hand heran.
Ich habe das Gefühl, dass es Stunden dauert. Immer eine leise Bewegung
und ein gefährliches Knurren; Stilliegen und erneuter Versuch. Als ich den
Revolver in der Hand habe, fängt sie an zu zittern. Ich drücke sie auf den Boden
und mache mir klar: Revolver hochreißen, schießen, ehe er zufassen kann, und
türmen.
Langsam hole ich Atem und werde ruhiger. Dann halte ich die Luft an,
zucke den Revolver hoch, es knallt, die Dogge spritzt jaulend zur Seite, ich
gewinne die Tür des Stalles und purzele über eine der geflüchteten Gänse.
Im Galopp greife ich schnell noch zu, schmeiße sie mit einem Schwung
über die Mauer und klettere selbst hoch. Ich bin noch nicht hinüber, da ist die
Dogge auch schon wieder munter und springt nach mir. Rasch lasse ich mich
fallen. Zehn Schritt vor mir steht Kat, die Gans im Arm. Sowie er mich sieht,
laufen wir.
Endlich können wir verschnaufen. Die Gans ist tot, Kat hat das in einem


Moment erledigt. Wir wollen sie gleich braten, damit keiner etwas merkt. Ich
hole Töpfe und Holz aus der Baracke, und wir kriechen in einen kleinen
verlassenen Schuppen*, den wir für solche Zwecke kennen. Die einzige
Fensterluke wird dicht verhängt. Eine Art Herd ist vorhanden, auf Backsteinen
liegt eine eiserne Platte. Wir zünden ein Feuer an.
Kat rupft* die Gans und bereitet sie zu. Die Federn legen wir sorgfältig
beiseite. Wir wollen uns zwei kleine Kissen daraus machen mit der Aufschrift:
»Ruhe sanft im Trommelfeuer!«
Das Artilleriefeuer der Front umsummt unsern Zufluchtsort. Lichtschein
flackert über unsere Gesichter, Schatten tanzen auf der Wand. Manchmal ein
dumpfer Krach, dann zittert der Schuppen. Fliegerbomben. Einmal hören wir
gedämpfte Schreie. Eine Baracke muss getroffen sein.
Flugzeuge surren; das Tacktack von Maschinengewehren* wird laut. Aber
von uns dringt kein Licht hinaus, das zu sehen wäre.
So sitzen wir uns gegenüber, Kat und ich, zwei Soldaten in abgeschabten
Röcken, die eine Gans braten, mitten in der Nacht. Wir reden nicht viel, aber wir
sind voll zarterer Rücksicht miteinander, als ich mir denke, dass Liebende es
sein können. Wir sind zwei Menschen, zwei winzige Funken Leben, draußen ist
die Nacht und der Kreis des Todes. Wir sitzen an ihrem Rande, gefährdet und
geborgen, über unsere Hände trieft Fett, wir sind uns nahe mit unseren Herzen,
und die Stunde ist wie der Raum: überflackert von einem sanften Feuer, gehen
die Lichter und Schatten der Empfindungen hin und her. Was weiß er von mir –
was weiß ich von ihm, früher wäre keiner unserer Gedanken ähnlich gewesen –
jetzt sitzen wir vor einer Gans und fühlen unser Dasein und sind uns so nahe,
dass wir nicht darüber sprechen mögen.
Es dauert lange, eine Gans zu braten, auch wenn sie jung und fett ist. Wir
wechseln uns deshalb ab. Einer begießt sie, während der andere unterdessen
schläft. Ein herrlicher Duft verbreitet sich allmählich.
Die Geräusche von draußen werden zu einem Band, zu einem Traum, der
aber die Erinnerung nicht ganz verliert. Ich sehe im Halbschlaf Kat den Löffel
heben und senken, ich liebe ihn, seine Schultern, seine eckige, gebeugte Gestalt
– und zu gleicher Zeit sehe ich hinter ihm Wälder und Sterne, und eine gute
Stimme sagt Worte, die mir Ruhe geben, mir, einem Soldaten, der mit seinen
großen Stiefeln und seinem Koppel und seinem Brotbeutel klein unter dem
hohen Himmel den Weg geht, der vor ihm liegt, der rasch vergisst und nur selten
noch traurig ist, der immer weitergeht unter dem großen Nachthimmel.
Ein kleiner Soldat und eine gute Stimme, und wenn man ihn streicheln
würde, könnte er es vielleicht nicht mehr verstehen, der Soldat mit den großen
Stiefeln und dem zugeschütteten Herzen, der marschiert, weil er Stiefel trägt,


und alles vergessen hat außer dem Marschieren. Sind am Horizont nicht Blumen
und eine Landschaft, die so still ist, dass er weinen möchte, der Soldat? Stehen
dort nicht Bilder, die er nicht verloren hat, weil er sie nie besessen hat,
verwirrend, aber dennoch für ihn vorüber? Stehen dort nicht seine zwanzig
Jahre?
Ist mein Gesicht nass, und wo bin ich? Kat steht vor mir, sein riesiger
gebückter Schatten fällt über mich wie eine Heimat. Er spricht leise, er lächelt
und geht zum Feuer zurück.
Dann sagt er: »Es ist fertig.«
»Ja, Kat.«
Ich schüttele mich. In der Mitte des Raumes leuchtet der braune Braten.
Wir holen unsere zusammenklappbaren Gabeln und unsere Taschenmesser
heraus und schneiden uns jeder eine Keule ab. Dazu essen wir Kommissbrot, das
wir in die Soße tunken. Wir essen langsam, mit vollem Genuss.
»Schmeckt es, Kat?«
»Gut! Dir auch?«
»Gut, Kat.«
Wir sind Brüder und schieben uns gegenseitig die besten Stücke zu.
Hinterher rauche ich eine Zigarette,
Kat eine Zigarre. Es ist noch viel übriggeblieben.
»Wie wäre es, Kat, wenn wir Kropp und Tjaden ein Stück brächten?«
»Gemacht«, sagt er. Wir schneiden eine Portion ab und wickeln sie
sorgfältig in Zeitungspapier. Den Rest wollen wir eigentlich in unsere Baracke
tragen, aber Kat lacht und sagt nur: »Tjaden.«
Ich sehe es ein, wir müssen alles mitnehmen. So machen wir uns auf den
Weg zum Hühnerstall, um die beiden zu wecken. Vorher packen wir noch die
Federn weg.
Kropp und Tjaden halten uns für eine Fata Morgana*. Dann knirschen ihre
Gebisse. Tjaden hat einen Flügel mit beiden Händen wie eine Mundharmonika
im Munde und kaut. Er säuft das Fett aus dem Topf und schmatzt: »Das vergesse
ich euch nie!«
Wir gehen zu unserer Baracke. Da ist der hohe Himmel wieder mit den
Sternen und der beginnenden Dämmerung, und ich gehe darunter hin, ein Soldat
mit großen Stiefeln und vollem Magen, ein kleiner Soldat in der Frühe – aber
neben mir, gebeugt und eckig, geht Kat, mein Kamerad.
Die Umrisse der Baracke kommen in der Dämmerung auf uns zu wie ein
schwarzer, guter Schlaf.



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