taumeln
– sich im Stehen von einer Seite zur anderen bewegen (und dabei
fast umfallen); schwanken, torkeln
Flachskopf, der
– Mann mit blondem Haar
Volltreffer, der
– ein Schlag oder Schuss mitten ins Ziel
Tragbahre, die
– ein Gestell, auf dem man Kranke, Verletzte oder Tote
(liegend) transportiert
Gedärme, das
– lange (schlauchförmige) Organe zwischen Magen und
After, die zur Verdauung dient
Gemeinheit, die
– etwas, das Grund zu Ärger gibt
tappen
– sich langsam, vorsichtig und unsicher fortbewegen
Buckel, der
– eine leicht gewölbte Stelle auf einer ebenen Fläche
Scholle, die
– ein großes Stück Erde
Satz, der
– ein großer Sprung
würgen
– jemanden ersticken, indem man ihm die Kehle zusammendrückt
Schwaden, der
– eine ziemlich dichte Masse von Rauch, Nebel in der Luft
Gelenk, das
– eine bewegliche Verbindung zwischen Knochen
Verband, der
– ein Stück Stoff, das man um den verletzten Teil des
Körpers legt
Strähne, die
– eine größere Menge langer und glatter Haare, die zusammen
sind
5
Es ist beschwerlich, die einzelne Laus* zu töten, wenn man Hunderte hat.
Die Tiere sind etwas hart, und das ewige Knipsen mit den Fingernägeln wird
langweilig. Tjaden hat deshalb den Deckel einer Schuhputzschachtel mit Draht
über einem brennenden Kerzenstumpf befestigt. In diese kleine Pfanne werden
die Läuse einfach hineingeworfen – es knackt, und sie sind erledigt.
Wir sitzen rundherum, die Hemden auf den Knien, den Oberkörper nackt in
der warmen Luft, die Hände bei der Arbeit. Haie hat eine besonders feine Art
von Läusen: sie haben ein rotes Kreuz auf dem Kopf. Deshalb behauptet er, sie
aus dem Lazarett in Thourhout* mitgebracht zu haben, sie seien von einem
Oberstabsarzt persönlich. Er will auch das sich langsam in dem Blechdeckel
ansammelnde Fett zum Stiefelschmieren benutzen und brüllte eine halbe Stunde
lang vor Lachen über seinen Witz.
Doch heute hat er wenig Erfolg; etwas anderes beschäftigt uns zu sehr.
Das Gerücht ist Wahrheit geworden. Himmelstoß ist da. Gestern ist er
erschienen, wir haben seine wohlbekannte Stimme schon gehört. Er soll zu
Hause ein paar junge Rekruten zu kräftig im Sturzacker gehabt haben. Ohne dass
er es wusste, war der Sohn des Regierungspräsidenten dabei. Das brach ihm das
Genick*.
Hier wird er sich wundern. Tjaden erörtert seit Stunden alle Möglichkeiten,
wie er ihm antworten will. Haie sieht nachdenklich seine große Flosse an und
kneift mir ein Auge. Die Prügelei war der Höhepunkt seines Daseins; er hat mir
erzählt, dass er noch manchmal davon träumt.
* * *
Kropp und Müller unterhalten sich. Kropp hat als einziger ein Kochgeschirr
voll Linsen erbeutet, wahrscheinlich bei der Pionierküche. Müller schielt gierig
hin, beherrscht sich aber und fragt: »Albert, was würdest du tun, wenn jetzt mit
einemmal Frieden wäre?«
»Frieden gibt’s nicht!« äußert Albert kurz.
»Na, aber wenn – «, beharrt Müller, »was würdest du machen?«
»Abhauen!« knurrt Kropp.
»Das ist klar. Und dann?«
»Mich besaufen«, sagt Albert.
»Rede keinen Quatsch, ich meine es ernst – «
»Ich auch«, sagt Albert, »was soll man denn anders machen.«
Kat interessiert sich für die Frage. Er fordert von Kropp seinen Tribut* an
den Linsen, erhält ihn, überlegt dann lange und meint: »Besaufen könnte man
sich ja, sonst aber auf die nächste Eisenbahn – und ab nach Muttern*. Mensch,
Frieden, Albert – «
Er kramt in seiner Wachstuchbrieftasche nach einer Fotografie und zeigt sie
stolz herum. »Meine Alte!« Dann packt er sie weg und flucht: »Verdammter
Lausekrieg – «
»Du kannst gut reden«, sage ich. »Du hast deinen Jungen und deine Frau.«
»Stimmt«, nickt er, »ich muss dafür sorgen, dass sie was zu essen haben.«
Wir lachen. »Daran wird’s nicht fehlen, Kat, sonst requierierst* du eben.«
Müller ist hungrig und gibt sich noch nicht zufrieden. Er schreckt Haie
Westhus aus seinen Verprügelträumen. »Haie, was würdest du denn machen,
wenn jetzt Frieden wäre?«
»Er müsste dir den Arsch vollhauen, weil du hier von so etwas überhaupt
anfängst«, sage ich, »wie kommt das eigentlich?«
»Wie kommt Kuhscheiße aufs Dach?« antwortet Müller lakonisch und
wendet sich wieder an Haie Westhus. Es ist zu schwer auf einmal für Haie. Er
wiegt seinen sommersprossigen Schädel: »Du meinst, wenn kein Krieg mehr
ist?«
»Richtig. Du merkst auch alles.«
»Dann kämen doch wieder Weiber, nicht?« – Haie leckt sich das Maul.
»Das auch.«
»Meine Fresse noch mal«, sagt Haie, und sein Gesicht taut auf, » dann
würde ich mir so einen strammen Feger* schnappen, so einen richtigen
Küchendragoner, weißt du, mit ordentlich was dran zum Festhalten, und sofort
nichts wie ‘rin in die Betten! Stell dir mal vor, richtige Federbetten mit
Sprungmatratzen, Kinners*, acht Tage lang würde ich keine Hose wieder
anziehen.«
Alles schweigt. Das Bild ist zu wunderbar. Schauer laufen uns über die
Haut. Endlich ermannt sich Müller und fragt: »Und danach?«
Pause. Dann erklärt Haie etwas verzwickt: »Wenn ich Unteroffizier wäre,
würde ich erst noch bei den Preußen bleiben und kapitulieren.«
»Haie, du hast glatt einen Vogel*«, sage ich.
Er fragt gemütlich zurück: »Hast du schon mal Torf gestochen? Probier’s
mal.«
Damit zieht er seinen Löffel aus dem Stiefelschaft und langt damit in
Alberts Essnapf.
»Schlimmer als Schanzen in der Champagne kann’s auch nicht sein«,
erwiderte ich.
Haie kaut und grinst: »Dauert aber länger. Kannst dich auch nicht
drücken.«
»Aber, Mensch, zu Hause ist es doch besser, Haie.«
»Teils, teils«, sagt er und versinkt mit offenem Munde in Grübelei.
Man kann auf seinen Zügen lesen, was er denkt. Da ist eine arme Moorkate,
da ist schwere Arbeit in der Hitze der Heide vom frühen Morgen bis zum Abend,
da ist spärlicher Lohn, da ist ein schmutziger Knechtsanzug —
»Hast beim Kommiss in Frieden keine Sorgen«, teilt er mit, »jeden Tag ist
dein Futter da, sonst machst du Krach, hast dein Bett, alle acht Tage reine
Wäsche wie ein Kavalier, machst deinen Unteroffiziersdienst, hast dein schönes
Zeug; – abends bist du ein freier Mann und gehst in die Kneipe.«
Haie ist außerordentlich stolz auf seine Idee. Er verliebt sich darin. »Und
wenn du deine zwölf Jahre um hast, kriegst du deinen Versorgungsschein und
wirst Landjäger*. Den ganzen Tag kannst du Spazierengehen.«
Er schwitzt jetzt vor Zukunft. » Stell dir vor, wie du dann traktiert* wirst.
Hier einen Kognak, da einen halben Liter. Mit einem Landjäger will doch jeder
gutstehen.«
»Du wirst ja nie Unteroffizier, Haie«, wirft Kat ein. Haie blickt ihn
betroffen an und schweigt. In seinen Gedanken sind jetzt wohl die klaren
Abende im Herbst, die Sonntage in der Heide, die Dorfglocken, die Nachmittage
und Nächte mit den Mägden, die Buchweizenpfannkuchen mit den großen
Speckaugen, die sorglos verschwatzten Stunden im Krug —
Mit soviel Phantasie kann er so rasch nicht fertig werden; deshalb knurrt er
nur erbost*: »Was ihr immer für Blödsinn zusammenfragt.«
Er streift sein Hemd über den Kopf und knöpft den Waffenrock zu.
»Was würdest du machen, Tjaden?« ruft Kropp.
Tjaden kennt nur eins. »Aufpassen, dass mir Himmelstoß nicht durchgeht.«
Er möchte ihn wahrscheinlich am liebsten in einen Käfig sperren und jeden
Morgen mit einem Knüppel über ihn herfallen. Zu Kropp schwärmt er:
»An deiner Stelle würde ich sehen, dass ich Leutnant würde. Dann kannst
du ihn schleifen, dass ihm das Wasser im Hintern kocht.«
»Und du, Detering?« forscht Müller weiter. Er ist der geborene
Schulmeister mit seiner Fragerei.
Detering ist wortkarg*. Aber auf dieses Thema gibt er Antwort. Er sieht in
die Luft und sagt nur einen Satz: »Ich würde gerade noch zur Ernte
zurechtkommen.« Damit steht er auf und geht weg.
Er macht sich Sorgen. Seine Frau muss den Hof bewirtschaften. Dabei
haben sie ihm noch zwei Pferde weggeholt. Jeden Tag liest er die Zeitungen, die
kommen, ob es in seiner oldenburgischen* Ecke auch nicht regnet. Sie bringen
das Heu sonst nicht fort.
In diesem Augenblick erscheint Himmelstoß. Er kommt direkt auf unsere
Gruppe zu. Tjadens Gesicht wird fleckig. Er legt sich längelang ins Gras und
schließt die Augen vor Aufregung.
Himmelstoß ist etwas unschlüssig, sein Gang wird langsamer. Dann
marschiert er dennoch zu uns heran. Niemand macht Miene, sich zu erheben.
Kropp sieht ihm interessiert entgegen.
Er steht jetzt vor uns und wartet. Da keiner etwas sagt, lässt er ein »Na?«
vom Stapel.
Ein paar Sekunden verstreichen; Himmelstoß weiß sichtlich nicht, wie er
sich benehmen soll. Am liebsten möchte er uns jetzt im Galopp schleifen*.
Immerhin scheint er schon gelernt zu haben, dass die Front kein Kasernenhof ist.
Er versucht es abermals und wendet sich nicht mehr an alle, sondern an einen, er
hofft, so leichter Antwort zu erhalten. Kropp ist ihm am nächsten. Ihn beehrt er
deshalb. »Na, auch hier?«
Aber Albert ist sein Freund nicht. Er antwortet knapp: »Bisschen länger als
Sie, denke ich.«
Der rötliche Schnurrbart zittert. »Ihr kennt mich wohl nicht mehr, was?«
Tjaden schlägt jetzt die Augen auf. »Doch.«
Himmelstoß wendet sich ihm zu: »Das ist doch Tjaden, nicht?«
Tjaden hebt den Kopf.
»Und weißt du, was du bist?«
Himmelstoß ist verblüfft. »Seit wann duzen wir uns denn? Wir haben doch
nicht zusammen im Chausseegraben gelegen.«
Er weiß absolut nichts aus der Situation zu machen. Diese offene
Feindseligkeit hat er nicht erwartet. Aber er hütet sich vorläufig; sicher hat ihm
jemand den Unsinn von Schüssen in den Rücken vorgeschwatzt.
Tjaden wird auf die Frage nach dem Chausseegraben vor Wut sogar witzig.
»Nee, das warst du alleine.«
Jetzt kocht Himmelstoß auch. Tjaden kommt ihm jedoch eilig zuvor. Er
muss seinen Spruch loswerden. »Was du bist, willst du wissen? Du bist ein
Sauhund, das bist du! Das wollt’ ich dir schon lange mal sagen.« Die
Genugtuung vieler Monate leuchtet ihm aus den blanken Schweinsaugen, als er
den Sauhund hinausschmettert.
Auch Himmelstoß ist nun entfesselt: »Was willst du Mistköter*, du
dreckiger Torfdeubel*? Stehen Sie auf, Knochen zusammen, wenn ein
Vorgesetzter mit Ihnen spricht!«
Tjaden winkt großartig. »Sie können rühren, Himmelstoß. Wegtreten.«
Himmelstoß ist ein tobendes Exerzierreglement*. Der Kaiser könnte nicht
beleidigter sein. Er heult: »Tjaden, ich befehle Ihnen dienstlich: Stehen Sie auf!«
»Sonst noch was?« fragt Tjaden.
»Wollen Sie meinem Befehl Folge leisten* oder nicht?«
Tjaden erwidert gelassen und abschließend, ohne es zu wissen, mit dem
bekanntesten Klassikerzitat. Gleichzeitig lüftet er seine Kehrseite*.
Himmelstoß stürmt davon: »Sie kommen vors Kriegsgericht!«
Wir sehen ihn in der Richtung zur Schreibstube verschwinden.
Haie und Tjaden sind ein gewaltiges Torfstechergebrüll. Haie lacht so, dass
er sich die Kinnlade* ausrenkt und mit offenem Maul plötzlich hilflos dasteht.
Albert muss sie ihm mit einem Faustschlag erst wieder einsetzen.
Kat ist besorgt. »Wenn er dich meldet, wird’s böse.«
»Meinst du, dass er es tut?« fragt Tjaden.
»Bestimmt«, sage ich.
»Das mindeste, was du kriegst, sind fünf Tage Dicken*«, erklärt Kat.
Das erschüttert Tjaden nicht. »Fünf Tage Kahn sind fünf Tage Ruhe.«
»Und wenn du auf Festung kommst?« forscht der gründlichere Müller.
»Dann ist der Krieg für mich so lange aus.«
Tjaden ist ein Sonntagskind*. Für ihn gibt es keine Sorgen. Mit Haie und
Leer zieht er ab, damit man ihn nicht in der ersten Aufregung findet.
Do'stlaringiz bilan baham: |