2.
Gregor Samsa
Gregor Samsa ist der Hauptcharakter in der Erzählung ‚Die Verwandlung‘. Die ganze
Erzählung – bis auf den Epilog – wird „konsequent aus der Perspektive des Helden“
2
erzählt.
Dies wird durch die Feststellung „es war kein Traum“ (S. 7) bestätigt, welche die Perspektive
auf die bewusste Beobachtung der Umwelt durch Gregor lenkt. Durch die drei Teile der
Erzählung hinweg entwickelt sich das Wissen über den Menschen Gregor, und auch der
Charakter Gregors verändert sich aufgrund der körperlichen Verwandlung.
2.1.
Erster Teil der Erzählung
Im ersten Teil der Erzählung werden die Situation, das Gefühlsleben und die Ereignisse
unmittelbar nach der Verwandlung Gregors und deren Entdeckung durch die Familie und den
Prokuristen beschrieben. Dies ermöglicht eine vorläufige Charakterisierung Gregors. Die
Verwandlung selbst nimmt Gregor Samsa gelassen und ohne Erschrecken an, wogegen sein
Beruf – „Samsa war Reisender“ (S. 7) – sofort seine Gedanken beherrscht und er diesem die
Schuld an seinem Unwohlsein gibt, „was für einen anstrengenden Beruf habe ich gewählt“ (S.
8). Anhang des Verhältnisses zu seinem Beruf lässt sich ermitteln, dass Gregor Samsa auch
nichts anderes ist, als „eine Kreatur des Chefs“ (S. 9), wie er den Geschäftsdiener bezeichnet.
Dieser Ausdruck für ein Abhängigkeitsverhältnis, ähnlich einem Verhältnis zwischen
Sklavenhalter und Sklave, wird auch auf Gregor anwendbar, da er „aus Angst vor ihm [dem
Chef] und dem ‚Krankenkassenarzt‘ den Gedanken an eine Krankmeldung verwirft, obwohl
sein Zustand besorgniserregend ist“
3
. Gregor ärgert sich über das Misstrauen des Chefs und
darüber, dass dieser gleich den Prokuristen aussendet, um sich nach seinem Versäumnis zu
erkundigen und im „Widerspruch zwischen Gregors ‚rebellischen‘ Gedanken und seinem
angepassten Verhalten“
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zeigt sich ebenfalls, dass er wie der Geschäftsdiener „ohne Rückgrat
und Verstand“ (S. 9) ist. So ärgert sich Gregor und fragt, ob „alle Angestellten samt und
sonders Lumpen“ (S. 14) waren. Außerdem hätte er, „wenn [er] [sich] nicht wegen [s]einer
Eltern zurückhielte“ (S. 8), „längst gekündigt, [er] wäre vor den Chef hingetreten und hätte
ihm [s]eine Meinung von Grund des Herzens aus gesagt“ (S. 8 f.). Die Flucht des Prokuristen
am Ende des ersten Teils symbolisiert wohl die endgültige Trennung Gregors von seiner
2
Karl-Heinz Fingerhut: Die Verwandlung. In: Michael Müller (Hg.): Interpretationen. Franz Kafka. Romane und
Erzählungen. Stuttgart 1994 (=Universal-Bibliothek), S. 43.
3
Martin Brück: Franz Kafka. Die Verwandlung. Das Urteil. Freising 1999 (=Interpretationshilfe Deusch), S. 24.
4
Ebd., S. 24.
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